Svitavy -1996
Zum ersten Mal nahm unser Gemischter Chor am internationalen Chortreffen für Amateurchöre in Svitavy (Tschechien) teil.
„… und diese Biene, die ich meine …“ – 1996
Der Gemischte Chor des Gymnasiums in Svitavy
„In einem unbekannten Land … vor gar nicht allzu langer Zeit…“, so beginnt der tschechische Schlagersänger Karel Gott sein Lied von der Biene Maja. So unbekannt war die Tschechische Republik den meisten Choristen zwar nicht, aber gespannt auf das zweite „Internationale Chorfestival“ in Svitavy, zu dem der gemischte Chor des Gymnasiums und der Chor unseres Partnergymnasiums in Bad Essen eingeladen wurden, waren wir wohl doch alle.
Mit einer kleinen Verspätung von etwa eineinhalb Stunden ging es am 26. April morgens um acht los in Richtung Svitavy. An Bord hatten wir 28 Choristen unseres Gymnasiums plus Dr. Schubert und Dr. Werner. Auf der Seite der Bad Essener 19 sangesfreudige Schüler, ihr Chorleiter Herr Strunk und ihr Direktor Herr Seifert.
Herr Seifert, der schon das dritte Mal nach Svitavy fuhr, erzählte uns auf der Reise einige sehr interessante Dinge über Tschechien – ehemals Böhmen und Mähren: so z.B. über den geologischen Mittelpunkt Europas südlich von Hradec Kralove (Königgrätz).
Endlich angekommen wurden wir von der tschechischen Deutschlehrerin Frau Dr. Tanja Tonova begrüßt, die uns dann in das ca. 15 km von Svitavy entfernte Policka begleitete, wo wir unser Nachtquartier für die nächsten drei Nächte bezogen.
Am nächsten Morgen ging es dann zurück nach Svitavy, wo wir unser Frühstück einnahmen. Nach einem Mittagessen und einem kleineren Bummel über einen der längsten Marktplätze Europas, war es dann soweit: Unser Auftritt beim Festivalkonzert. Unser Chor und der Bad Essener wurden in den ersten Block gesetzt, der hauptsächlich von den Kinderchören gestaltet wurde. Wir konnten uns davon überzeugen, daß wohl offensichtlich wirklich in jedem Tschechen ein Musikant steckt“. Die Qualität der Chöre, die vor uns und nach uns dran waren, war wirklich auf einem sehr hohen Niveau. Doch Dr. Schubert zeigte sich sehr zufrieden mit unserem Auftritt und auch die Bad Essener bewiesen, daß ihnen die Musik am Herzen liegt. Allerdings mußten wir feststellen, daß wir das einzig „Internationale“ an diesem Festival waren.
Nach einem Abendessen setzen wir uns wieder in den Saal des Kinos, in dem die ganze Veranstaltung stattfand. Uns wurde nun etwas an Chorgesang geboten, daß alle meine persönlichen Erwartungen übertraf. Schon die ersten drei Chöre waren vom gesanglichen Standpunkt aus Oberklasse.
Den absoluten Höhepunkt aber erreichte der Abend aus unserer Sicht mit dem Auftritt des Jugendchores „Iuventus“, in dem Schüler und Absolventen unseres Partnergymansiums in Svitavy unter der Leitung von Frau Dr. Vera Buresova sangen. Dieser grandiose Auftritt wurde von unserer Seite mit Johlen und Hurra-Schreien, ähnlich wie in einem Rockkonzert, gefeiert.
Leider packten uns dann doch Müdigkeit und Erschöpfen und wir schlichen uns auf leisen Sohlen aus dem Saal und fuhren zurück nach Policka, noch ehe das Konzert zu Ende war.
Am Sonntagmorgen trafen sich dann alle Chöre auf dem Marktplatz, um noch einmal gemeinsam zu singen. Jeder Chor gab nacheinander ein oder zwei Lieder seines Repertoires zum Besten. Zum Schluß sollten noch einmal alle Chöre gemeinsam singen. Da wir aber die Lieder, die gesungen wurden, nicht kannten, standen wir nun zusammen mit den Bad Essenern mehr oder weniger herum und hörten zu, wie die große Masse der anderen Chöre uns etwas vorsang.
Nach dem Mittagessen ging es dann ab in den Mährischen Karst – einer Gebirgslandschaft, etwa eine Dreiviertelstunde entfernt von Svitavy. Nach Ankunft und einer Drei-Kilometer-Wanderung wurden wir dann in eine riesige Tropfsteinhöhle geführt. Die Akustik dort war atemberaubend. Auch die Tropfsteine, die alle 15 Jahre um etwa einen Millimeter wachsen, flößten Respekt, denn manche hatten die Höhe von zwei Metern. Beeindruckend.
Den Abend verbrachten wir im Ottendorfer Haus zusammen mit dem „Iuventus“-Chor. Man saß und aß und sang. „Iuventus“ sang tschechische Lieder, die wir nicht kannten und wir sangen eben Lieder, die „Iuventus“ nicht kannte – zum größten Teil. Bei internationalen Liedern wie z.B. „Yesterday“ wurde dann fleißig von beiden Seiten mitgegrölt. Auch zweisprachig-gleichzeitiger Gesang wurde mit großem Übermut praktiziert, als die Tschechen das Lied von der Biene Maja anstimmten. „Iuventus“ verabschiedete sich mit dem Versprechen von uns, nächstes Jahr nach Egeln zu kommen.
Am Montagmorgen um 8.30 Uhr standen dann alle mit gepackten Koffern vor dem Bus und sagten Policka ade. Wir fuhren nach dem Frühstück in unser Partnergymnasium in Svitavy um dort nach Wunsch am Unterricht teilnehmen zu können. Ich persönlich entschied mich für den Musikunterricht bei Frau Dr. Buresova – eine sehr interessante Erfahrung: Die Doppelsunde Musik wird nur zu einem Teil zur Musiktheorie und -geschichte genutzt. Sonst wurde getanzt und gesungen. Es war wirklich toll einmal Einblick in die tschechischen Volkstänze zu bekommen und auch selber mittanzen zu dürfen.
Nach dem Mittagessen hieß es dann auch Abschiednehmen von Svitavy. Wir fuhren nach Litomysl, der Geburtsstadt des berühmten, tschechischen Komponisten Bedrich Smetana, der dort in einer Brauerei geboren wurde. Nach der Besichtigung des dortigen Schlosses blieb uns noch etwas Zeit bis zum Abendessen, so daß wir uns noch Litomysl etwas näher ansehen konnten.
Ein Abendessen und dann ging es gegen 20.00 Uhr Richtung Heimat. Als wir gegen 24.00 Uhr die deutsch- tschechische Grenze erreichten, schliefen die meisten schon.
Egeln empfing uns am Dienstagmorgen um halb sechs mit strömendem Regen. Nach diesen anstrengenden Tagen war es wohl für jeden schön, endlich wieder Heimatluft zu schnuppern, obwohl die Bad Essener ja noch einen weiten Weg vor sich hatten.
Zusammenfassend möchte ich sagen, daß die Zeit in Svitavy für uns sehr interessant und aufschlußreich war, da man auch einiges über tschechische Sitten und Gebräuche mitbekam. Wünschenswert wäre allerdings ein etwas engerer Kontakt zu den Bad Essenern gewesen. Die rührenden Abschiedsszenen, die sich von Einigen vorher ausgemalt hatten, blieben aus.
Sebastian Hengstmann